No SLAPP Anlaufstelle in Berlin vorgestellt
Am Donnerstag, 16.05.2024, bat das deutsche No-SLAPP-Bündnis zum Empfang im Europäischen Haus, Unter den Linden in Berlin. In den repräsentativen Räumlichkeiten, die von der Vertretung der Europäischen Kommission in Berlin zur Verfügung gestellt wurden, fanden sich über 60 Gäste aus Journalismus, Bundespolitik, Verwaltung, Anwält*innenschaft, Gewerkschaften, NGO-Sektor und Aktivismus, aber auch einige Privatpersonen ein. Die Ansprachen sowie die Podiumsdiskussion sind auf Video aufgezeichnet und online einsehbar.
Nikolaus von Peter, Politischer Referent der Vertretung der Kommission in Berlin, begrüßte zu Beginn die Gäste. In seiner Ansprache stellte er den Wert europäischer Initiativen für die Zivilgesellschaft heraus und forderte die Anwesenden auf, Druck auf die Bundesregierung auszuüben, die Anti-SLAPP-Richtlinie möglichst schnell und umfassend umzusetzen.
Auf von Peters Grußwort folgte eine digital übermittelte Ansprache des Europaabgeordneten Tiemo Wölken, der aufgrund des laufenden Europawahlkampfs nicht persönlich anwesend sein konnte und sich deshalb per Video an das Publikum im europäischen Haus richtete. Wölken war als zuständiger parlamentarischer Berichterstatter maßgeblich an der Anti-SLAPP-Richtlinie beteiligt. Er betonte die Gefahr für die kritische Öffentlichkeit und den demokratischen Diskurs, die von SLAPPs überall in der Europäischen Union ausgeht, stellte die verschiedenen Ansatzpunkte der Richtlinie und deren Entstehungsgeschichte vor und würdigte den großen Beitrag, den Zusammenhänge wie das deutsche No-SLAPP-Bündnis und europäische Projekte wie PATFox zum Kampf gegen SLAPPs leisten.
Nach einer anschließenden kurzen Vorstellung des No-SLAPP-Bündnisses, das personell durch Vertreter*innen von den Organisationen Aktion gegen Arbeitsunrecht, Blueprint for Free Speech, DJV, dju in ver.di, FragDenStaat, GLI, Reporter ohne Grenzen Deutschland und Rettet den Regenwald repräsentiert wurde, präsentierte Philipp Wissing NO SLAPP DE: Die erste Anlaufstelle zum Schutz für publizistische Arbeit vor SLAPPs in Deutschland. Mit Blick auf die frisch veröffentlichte neue Website www.noslapp.de erklärte der Anlaufstellenkoordinator Wissing die verschiedenen Arbeitsschwerpunkte, die von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert werden. Dazu zählen neben vielfältigen Informations- und Erstkontaktsangeboten Schulungen, die gemeinsam mit Kooperationspartnern in verschiedenen Städten Deutschlands durchgeführt werden; eine laufende Dokumentation von SLAPP Fällen, die im Rahmen der Arbeit der Anlaufstelle bekannt werden, sowie die Erarbeitung eines Handbuchs für Projekte, die über SLAPPs aufklären sowie zur Prävention bzw. aktiven Bekämpfung von SLAPPs beitragen möchten. Zentral dabei ist ein rechtlicher Beirat, der führende Rechtsexpert*innen auf den Gebieten des Presse- und Äußerungsrechts, aber auch Arbeits- und Strafrechts umfasst, die der Anlaufstelle beratend zur Seite stellen und in Einzelfällen auch die rechtliche Beratung für Betroffene von SLAPPs übernehmen.
Auf die Vorstellung der NO SLAPP Anlaufstelle folgte eine Podiumsdiskussion zur Lage in Deutschland. Moderator Joschka Selinger (Gesellschaft für Freiheitsrechte) befragte die Panelist*innen Bettina Behrend (Rettet den Regenwald), Hannah Vos (FragDenStaat), Anna Hunger (Kontext Wochenzeitung) und Jean Peters (Correctiv) zu eigenen Erfahrungen mit SLAPPs, zur Richtlinie und deren bevorstehende Umsetzung in deutsches Recht sowie zu weiterführenden Perspektiven auf die kritische Öffentlichkeit in Deutschland insgesamt. Die Panelist*innen gaben umfassenden Einblick in ihre eigene Arbeit und in die Herausforderungen, vor die sie die zunehmenden Einschüchterungen mittels rechtlicher Schritte stellen. Gleichzeitig waren sie sich einig, wie wichtig unerschrockener Zusammenhalt und Mut in dieser Hinsicht sind.
Während der Q&A Runde mit dem Publikum meldete sich auf Nachfrage von Joschka Selinger auch Barbara Jansen vom Bundesministerium der Justiz zu Wort. Sie leitet das Referat R A 2 für Zivilprozess und arbeitsgerichtliches Verfahren in der Abteilung R - Rechtspflege, und beantwortete die Frage nach dem Stand der Umsetzung der Richtlinie mit einem Verweis auf die kurze Zeit, die erst seit dem Beschluss der Richtlinie vergangen sei. Man werde sich aber bemühen, die Richtlinie so schnell wie möglich umzusetzen und dabei alle relevanten Akteure auch aus der Zivilgesellschaft mit einbeziehen.
Nach der Podiumsdiskussion klang die Veranstaltung bei Canapés und Getränken und vielen angeregten Diskussionen aus. Gegen 21h verabschiedeten sich die letzten Gäste in eine windig-warme Berliner Mainacht.